Alltagsprobleme des Wohnraummietrechts in der Rechtsprechung 2006 bis 2008 (Mietrecht, Pachtrecht)

VON RECHTSANWALT DR. ECKART JAKOB

Der Bundesgerichtshof und die nachgeordneten Instanzen haben in den Jahren 2006 bis 2008 wieder eine Fülle von Entscheidungen zu Problemen des Wohnungsmietrechts erlassen. Manche von ihnen berühren tagtäglich auftretende Fallgestaltungen. Dieser Artikel geht einige von ihnen durch. Nikotin, Schimmel, eigenwillige Farbgestaltungen und anderes haben die Justiz auch in diesen Jahren wieder auf Trab gehalten.

Schon der Weg zum gültigen Mietvertrag kann mit Stolpersteinen versehen sein.

Ein Mietvertrag kann vom Vermieter unter bestimmten Bedingungen wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) angefochten werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der künftige Mieter Fragen zu früheren Mietschulden unrichtig beanwortet oder Auskünfte, die er von sich aus zu geben hätte, unterlässt. Die entsprechenden Fragen müssen rechtlich zulässig sein und wesentliche Bedeutung für den Fortbestand des Mietverhältnisses haben. Sind frühere Mieten unzweifelhaft offen geblieben, muss der Mietinteressent dies dem künftigen Vermieter mitteilen. Dabei wird ein Querstrich in einem Fragebogen als Verneinung von Mietschulden angesehen, nicht als Verweigerung von Angaben dazu. Wenn diese Angaben verweigert werden sollen, muss der Mietinteressent die Spalte einfach leer lassen (Landgericht Itzehoe, Urteil vom 28.3.2008, Aktenzeichen 9 S 132/07). Durch diese Möglichkeit soll dem Recht des Mieters auf informationelle Selbstbestimmung ausreichend gedient sein, auch um den Preis, dass der Vermieter den Vertrag eventuell wegen der offen gelassenen Frage nicht schließt (OLG Koblenz, Beschluss vom 6.5.2008, Aktenzeichen 5 U 28/08). Hat der künftige Mieter die eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid) abgegeben, ist dies prinzipiell nichts, was er ungefragt mitteilen muss, da dies die Mietansprüche des Vermieters noch nicht automatisch gefährdet. Anders ist es bei einem Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenz / Privatinsolvenz). Da hierbei alles pfändbare Vermögen des Mieters in die Insolvenzmasse fließt, würde der Vermieter im Konfliktfall leer ausgehen. Er hat demnach ein Anrecht auf diese Information, bevor er sich auf einen Mietvertrag mit dem insolventen Mieter einlässt (Landgericht Bonn, Beschluss vom 16.11.2005, Aktenzeichen 6 T 312/05 u. 6 S 226/05).

Den bestandskräftigen Mietvertrag riskiert der Mieter, wenn er seine Vertragspflicht zur Mietzahlung verletzt. Das gilt, wenn Mieten gewisse Zeit ganz offen bleiben, aber auch, wenn sie verspätet gezahlt werden. Die monatliche Wohnungsmiete muss spätestens am 3. Werktag des laufenden Monats beim Vermieter eingehen. Zahlt der Mieter wiederholt zu spät, kann ihn dies die Wohnung kosten. Der Vermieter kann dann fristlos kündigen, wenn er zuvor abgemahnt hat, mit der gesetzlichen Kündigungsfrist sogar ohne Abmahnung (BGH, Urteil vom 28.11.2007, Aktenzeichen VIII ZR 145/07). Mahnt er ab, kann schon die erste erneut unpünktliche Zahlung die Kündigung rechtfertigen, wenn die Zahlung auch schon vor der Abmahnung hartnäckig unpünktlich kam. Es ist dann nicht notwendig, dass der Mieter sich mit der Miete anschließend mehrfach, z. B. dreimal innerhalb eines Jahres, verspätet (BGH, Urteil vom 11.1.2006, Aktenzeichen VIII ZR 364/04).

Das Mietobjekt: Kleinreparaturen, Abmessung und Schimmelflecken

Haben Mieter und Vermieter einen wirksamen Mietvertrag, ist der Vermieter zur Überlassung des Mietraums und zur Erhaltung eines vertragsgemäßen Zustands verpflichtet.

Kleinreparaturen muss der Mieter aber nach den meisten Mietverträgen selbst kostenmäßig übernehmen, wobei es zur Höhe des zulässigen Betrages im Einzelfall und des maximalen Jahresbetrages keine einheitliche Rechtsmeinung gibt. Sehr verbreitet wird beim einzelnen Einsatz von Handwerkern eine Kostengrenze von ca. 100 € gesehen.

Kostet die Wohnung nur 260 € kalt, kann jedenfalls keine Kostenbeteiligung von 200 € im Einzelfall und 1000 € jährlich verlangt werden. Die entsprechende Vertragsbestimmung ist unwirksam (Amtsgericht Bremen, Urteil vom 24.5.2007, Aktenzeichen 21 C 269/05).

Hat der Vermieter die Wohnung oder die sonstige Räumlichkeit überlassen, stellen Mieter oft fest, dass das Objekt in Wirklichkeit kleiner ist als auf dem Papier und wollen die Miete mindern.

Die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag ist keine unverbindliche Objektbeschreibung, sondern rechtsverbindlich, auch wenn der Vermieter die Fläche nicht ausdrücklich als „vereinbart“, sondern nur mit der Angabe „Wohnfläche: (Anzahl) Quadratmeter“ in den Mietvertrag aufgenommen hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.5.2007, Aktenzeichen VIII ZR 138/06).

Verwendet der Vermieter im Mietvertrag tatsächlich den Begriff „Wohnfläche“, liegt für den Mieter der Schluss nahe, dass damit eine Fläche gemeint ist, bei der Dachschrägen, Flure, Balkonflächen und ähnliches nur anteilig berücksichtigt sind. Näheres dazu bestimmt die II. Berechnungsverordnung (BerechnungsVO) bzw. Wohnflächenverordnung (WoFlV). Andere Berechnungsmaßstäbe wie DIN 283 kommen nur in Betracht, wenn eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Mietvertragsparteien besteht oder diese Methode ortsüblich und nahe liegender ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.5.2007, Aktenzeichen VIII ZR 231/06). Weicht die reale von der vereinbarten Fläche wesentlich ab, kommt eine Mietminderung tatsächlich in Frage. Als wesentlich gelten mehr als 10 %. Dabei schützt den Vermieter auch keine Angabe eines „circa“-Werts.

Gibt ein nicht professioneller, privater Vermieter dagegen die Fläche in Quadratmetern nicht nur mit „ca.“, sondern auch mit (wörtlich:) „Mietraumfläche“ an und bezieht sich dies auf eine Wohnung mit Dachschrägen (hier: ausgebauter Spitzboden), kann der Mieter nicht davon ausgehen, dass die Wohnungsfläche nach der II. BerechnungsVO / WoFlV ermittelt wurde und muss eine Flächendifferenz von mehr als 10 % hinnehmen, ohne daraus Rechte herleiten zu können (Landgericht Krefeld, Urteil vom 13.8.2008, Aktenzeichen 2 S 22/08).

Weicht die Wohnfläche laut Mietvertrag um mehr als 10 % von der tatsächlichen Wohnfläche ab, muss sich der Vermieter daran aber nicht unbegrenzt festhalten lassen – etwa, wenn die Wohnung in Wirklichkeit größer ist, als im Vertrag angegeben. Dann kann sich der Vermieter bei der Berechnung einer Mieterhöhung auf die tatsächliche Größe stützen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.5.2007, Aktenzeichen VIII ZR 138/06).

Hat die Wohnung eine zutreffende Größe, können andere Qualitätsmängel zu Problemen führen, zum Beispiel Wandfeuchtigkeit. Schimmelbefall der Wohnung ist ein Standardproblem des Mietrechts, das nicht selten zu Mietkürzungen oder auch zu gesundheitsbedingten Kündigungen durch den Mieter führt.

Häufig wendet der Vermieter gegen eine Beschwerde des Mieters über aufgetretenen Schimmel (sog. Schwarzschimmel) ein, der Bewohner lüfte nicht genug oder habe zu viele Feuchtigkeitsquellen in der Wohnung. Dies kann zutreffen. Wenn aber täglich bis zu sieben Mal durchgelüftet werden müsste, um die Bildung und Ausbreitung der Schimmelpilze zu unterbinden, ist das zu viel, mit der rechtlichen Folge, dass das Wohnverhalten des Mieters nicht als ursächlich für das Schimmelphänomen angesehen wird und die Verantwortung dafür den Vermieter allein trifft (Landgericht Dortmund, Urteil vom 20.11.2007, Aktenzeichen 1 S 49/07).

Die Schwierigkeiten mit den schwarzen Flecken an Wänden, Ecken etc. gehen paradoxerweise manchmal auf Verbesserungen der Bauqualität zurück – wenn nämlich neue Fenster eingebaut werden, die komplett schließen und keinen Luftzug mehr zulassen. Wenn Schimmelbildung dann auf die Lebensgewohnheiten des Mieters zurückgeht, ist der Vermieter im eigenen Interesse gehalten, den Mieter zuvor darauf hinzuweisen, dass er anders heizen und lüften muss. Baut der Vermieter statt einfachverglaster Holzfenster isolierverglaste Kunststofffenster ein, ist dieser Fall gegeben (Landgericht München I, Urteil vom 8.3.2007, Aktenzeichen 31 S 14459/06).

Manchmal führt es gegen Feuchtigkeitsflecken in der Wohnung schon weiter, wenn die Möbel etwas von der Wand abgerückt werden, um eine höhere Luftzirkulation zu erreichen. Von sich aus muss der Mieter aber sein Mobiliar nicht entsprechend aufstellen, jedenfalls nicht mit 5 cm oder sogar 10 cm Abstand von der Zimmerwand. Vielmehr bedarf es eines Hinweises des Vermieters oder sogar einer Vereinbarung zu diesem Punkt. Grundsätzlich liegt immer ein Mangel der Wohnung vor, wenn der Mieter seine Möbel nicht in der üblichen Weise dicht an die Wand aufstellen kann oder ein bodenbündiger Schrank Schwierigkeiten bereitet (Landgericht Mannheim, Urteil vom 14.2.2007, Aktenzeichen 4 S 62/06; auch schon Amtsgericht Osnabrück, Urteil vom 4.7.2005, Aktenzeichen 14 C 385/04).

Sofern der Mieter in seiner Wohnung Wäsche trocknet, ist dies noch ein vertragsgemäßer Gebrauch der Mietwohnung, auch wenn ein Trockenraum im Haus vorhanden ist und sogar die Hausordnung dieses Verhalten untersagt. Allerdings darf es der Mieter nicht übertreiben und muss sich beim Aufhängen seiner nassen Wäsche in der Wohnung im „Rahmen des Üblichen“ bewegen (Landgericht Düsseldorf, Beschluss vom 18.4.2008, Aktenzeichen 21 T 38/08). Natürlich muss er auch zweckmäßig heizen und lüften (vgl. Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.7.2008, Az 53 C 1736/08), um die lästigen oder sogar gesundheitsschädlichen Stockflecken nicht aufkommen zu lassen.

Eine der Schimmelplage verwandte Erscheinung der Minderung der Wohnqualität ist das sog. „Fogging“, die Schwarzfärbung von Wohnungswänden ohne erkennbaren Grund. Hier kann die Miete nur dann anerkennungsfähig gemindert werden, wenn das Problem dem Vermieter zuzuordnen ist. Entsprechendes gilt, wenn der Mieter Schadensersatz aufgrund von Fogging haben will (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.1.2006, Aktenzeichen VIII ZR 223/04). Dabei wird dem Vermieter helfen, dass es eine allgemein akzeptierte Erklärung für die Ursache des Foggings bisher nicht gibt, so dass dem Vermieter bzw. dem Zustand seines Gebäudes die Verursachung oft nur schwer mit der notwendigen Sicherheit zugewiesen werden kann.

Der Auszug: alles einmal weiß streichen oder nicht?

Zieht der Mieter schließlich aus, ranken sich viele Streitigkeiten um die Renovierung der Wohnung (auch Schönheitsreparaturen genannt). Das setzt voraus, dass die Wohnung nach Vertrag nicht nur „besenrein“ zurückgegeben werden muss, sondern z. B. „einmal vollständig weiß streichen“ vereinbart ist. Besondere Probleme treten zudem auf, wenn der Mieter starker Raucher ist oder sogar von einem „Raucherexzess“ gesprochen werden kann. Aber schon die Pflicht, die Wohnung vollständig sauber zurückzugeben, kann zum Rechtstreit Anlass geben.

Rückgabe „besenrein“ bedeutet lediglich die Beseitigung von groben Verschmutzungen (BGH, Urteil vom 28.6.2006, Aktenzeichen VIII ZR 124/05). Die nur noch besenreine Rückgabe ist aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Formularmietverträgen mit starren Ausführungsfristen bei den Schönheitsrepaturen in vielen Fällen geschuldet. Der gebotene Zustand der Wohnung bei Auszug reduziert sich auf „Besenreinheit“, wenn eine Schönheitsreparaturenpflicht nicht besteht.

Wird der Mieter zwingend zur Renovierung von Wohnzimmer, Küche, Bad etc. in bestimmten Jahresrhythmen verpflichtet, ohne dass auf den Zustand des jeweiligen Raums Rücksicht genommen wird, ist dies in einem Mietvertrag per Vordruck unzulässig. Dabei soll die Angabe, dass Renovierung „regelmässig“ zu bestimmten Zeitpunkten geschuldet ist, eine starre, d.h. unwirksame Klausel sein, die Bestimmung, die Arbeiten seien „in der Regel“ oder „im Allgemeinen“ geschuldet, hingegen nicht (Kammergericht Berlin, Urteil vom 22.5.2008, Aktenzeichen 8 U 205/07). Auch „grundsätzlich“ soll eine – zulässige – weiche Fristbestimmung sein (Amtsgericht Titisee-Neustadt, Urteil vom 21.7.2006, Aktenzeichen 12 C 61/06).

Sind besondere Verunreinigungen durch Nikotin gegeben, kommt es darauf an, ob im Mietvertrag vereinbart wurde, dass nicht geraucht wird. Eine solche Abrede ist wirksam möglich. Dann verletzt der rauchende Mieter eine Vertragspflicht und ist ersatzpflichtig für die deshalb anfallenden Renovierungskosten. Besteht keine Vertragsbestimmung, dann ist Rauchen noch regulärer Gebrauch der Mietsache, es sei denn die durch Zigarettenqualm u.ä. verursachten Ablagerungen können nicht mehr durch Malerarbeiten (genauer: Schönheitsreparaturen im Sinne von § 28 Absatz 4 Satz 3 der II. BerechnungsVO) beseitigt werden. Ist wegen in diesem Sinne „exzessiven Rauchens“ eine weitergehende Instandsetzung der Wohnung notwendig, muss der Mieter die Kosten tragen (BGH, Urteil vom 5.3.2008, Aktenzeichen VIII ZR 37/07).

Gelegenheit für Eigentore geben den Vermietern Regelungen über die Art und Weise der Malerarbeiten und anderen Maßnahmen der Wohnungsrenovierung, wobei die Spielregeln leider nicht ganz klar sind.

Unwirksam ist die Bestimmung eines Formularmietvertrages, wonach die Renovierung „in der bisherigen Ausführungsart“ geboten sei, weil dabei für den Mieter nicht erkennbar sein soll, was das genau heißt (BGH, Urteil vom 28.3.2007, Aktenzeichen VIII ZR 199/06). Der Zwang zum weiß streichen, insbesondere nur auf Rauhfasertapete, darf auch nicht Inhalt eines Mietvertrages sein. Andererseits muss die Gestaltung wenigstens zurückhaltend ausfallen und zum Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe dem gegenwärtigen allgemeinen Geschmack entsprechen. Das soll bei einer Mustertapete in altrosa nicht der Fall sein (Landgericht Berlin, Urteil vom 5.1.2007, Aktenzeichen 65 S 224/06), auch nicht bei einer Schlafzimmertapete in rotem Vollton, dagegen im Kinderzimmer bei Sternchenmuster (Landgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 31.7.2007, Aktenzeichen 2-11 S 125/06) oder bei einer Harry-Potter-Bordüre (vgl. Landgericht Berlin, wie zuvor). Letzteres ist unbefriedigend. Denn es ist nicht gesagt, dass die künftigen Mieter der Wohnung das betreffende Zimmer als Kinderzimmer verwenden oder überhaupt Kinder haben. Wirksam ist eine Farbwahlklausel in der Formulierung „neutrale, helle, deckende Farben und Tapeten“, dies aber nur dann, wenn sich diese Vorgabe auf den Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe bezieht. Hellblau und lindgrün sind dabei zwar helle, aber keine neutralen Farben, so dass sie die Anforderungen nicht erfüllen (BGH, Urteil vom 18.6.2008, Aktenzeichen VIII ZR 224/07).

Ist der Mieter zum Streichen der Wohnung und sonstigen Renovierungsmaßnahmen bei Auszug verpflichtet, kann der Vermieter diese nicht einfach auf dessen Kosten von Handwerkern ausführen lassen, wenn der Mieter ausgezogen ist und die Schönheitsreparaturen versäumt hat. Anders ist es nur, wenn der Vermieter eine ausreichende Erledigungsfrist gesetzt hat und hierbei angegeben hat, welche Arbeiten er erwartet. Mit zwei Wochen muss der Mieter bei der Renovierung des Mietraums auskommen (Kammergericht Berlin, Urteil vom 30.10.2006, Aktenzeichen 8 U 38/06).

Insgesamt scheint es beim Thema Schönheitsreparaturen in der Rechtsprechung aber wieder ruhiger zu werden.

Andere Themen werden zweifellos in der Zukunft erneut für angenehme oder unangenehme Überraschungen (je nach Blickwinkel) sorgen, wenn sich Mieter und Vermieter bei Gericht treffen.